Fleischwochen

…nein, nicht bei Aldi sondern hier auf der Huskyfarm. Die letzten Wochen standen tatsächlich im Zeichen des Fleisches, in allen denkbaren Variationen. Nur Fleisch-Wunden gibt es zum Glück bisher noch nicht zu beklagen. Ne, auch nicht ganz richtig, Felix hatte vor kurzem eine nette Begegnung mit der Axt. Beziehungsweise seine Hand.

Was nun aber eigentlich wirklich gemeint ist, fing direkt am Donnerstag nach Björns und Reginas Wiederkehr aus Deutschland an. Die Elchjagd, die in den letzten Wochen hier stattfand bescherte auch der Huskyfarm einen Anteil und somit galt es nun direkt ab dem Donnerstag Elchfleisch zu bearbeiten. Man muss sich das so vorstellen, dass der geschlachtete Elch in 5 große Teile zerlegt hier ankommt und dann direkt von Björn verarbeitet wird. Ich hatte am Donnerstag nur einmal kurz meinen Kopf in die Türe gesteckt und so schnell konnte ich gar nicht gucken, wie ich mit einem 4kg schweren Stück Fleisch in der Hand dort stand und dieses nun klein schneiden und wolfen sollte. Und so kam ich auch recht schnell zu meinem neuen Job-Titel (die Küche konnte ich glücklicherweise – für die essenden Bevölkerung Glück – wieder abgeben) – dieser lautet nämlich nun 2nd level of Wurst-Production.

Aber bevor ich nun ganz in die Wurst-Branche einstieg, holte ich am Freitag der letzten Woche erst einmal meine Mädels spät abends vom Flughafen ab. Marnie, Alex und Nadja hatten nämlich den langen Weg zur Farm angetreten. Sie stiegen ins Auto ein und erzählten, sie hätten seitdem sie in Hamburg ins Auto gestiegen waren nicht mehr aufgehört zu reden (dazu muss man sagen, sie hatten auch noch eine Nacht und einen ganzen Tag in Oslo) und das taten sie auch weiterhin bis zur Ankunft auf der Farm nicht. Ich hatte fast vergessen, wie das ist. Nicht dass wir hier sonst auf der Farm nicht reden, aber wir Mädels haben da irgendwie nochmal eine andere Schlagzahl. Obwohl ja erst zwei Wochen nach meiner Abreise vergangen waren, hatten wir uns natürlich trotzdem schon viel zu erzählen.

Am Samstag konnten sie dann die Farm das erste Mal im Hellen bewundern und mussten natürlich alle Häuser und Räume bestaunen und erste Hunde kennen lernen. Auch auf den Welpenspaziergang kamen sie dann direkt mit und verliebten sich recht schnell in die 7 Konsorten. Geht aber auch wirklich sehr schnell, ich weiß auch nicht woran es liegt.

Nachmittags stand dann ein eher unliebsamer Punkt auf unserer To-Do Liste: Rundwaschen. Rundwaschen findet hier mindestens einmal im Jahr in allen Gebäuden statt und bedeutet, die Räume von Grund auf zu säubern, inkl. der Wände, Decken etc. Regina hat da eine recht einfache Regel, die es zu befolgen gilt: Wenn du dich fragst „soll das hier wohl auch abgewischt werden?“, ist die Antwort einfach immer „ja“. Gesagt, getan. Knappe 4 Stunden wischten und saugten wir die Ferien-Hütte zu viert und die Mädels gaben glücklicherweise Vollgas, auch wenn der Spaß nicht immer direkt in ihren Gesichtern geschrieben stand, aber wer hat schon Spaß beim Putzen? Gegen Ende hatten die drei komischerweise einen Ohrwurm von „thats what friends are for“ – ich kann mir bis heute nicht erklären, wie genau der dort hinkam.

Abends hatten wir einen gemütlichen Abend in der Gamme, mit hervorragendem Apfel-Gulasch von Regina und schauten gemeinsam den Film über die „Spitzbergen Expedition“. Auch die Mädels waren ziemlich beeindruckt, was Björn und Regina dort geleistet haben.

Am Sonntag stand dann aber zum Glück ein Highlight auf dem Programm, wir schnappten uns die 7 Welpen, Adoptivmutter Taina (mittlerweile Taina Turner), den Welpen-Opa Kalle und Daniel und seinen Hund Ilou und machten uns noch einmal auf den Weg um die Loipe hinauf zu wandern. Auch die Mädels waren sehr daran interessiert, diesen Weg nach oben einmal kennen zu lernen. Ich glaube es gefiel ihnen.

Am Montag morgen starteten dann die Gespanne und ich erklärte den Mädels schon einmal alles, denn am Dienstag standen nun die Trainingsfahrten bevor, bei denen wir mitfahren wollten. Nachdem die Jungs und die Hunde vom Hof waren und die Welpen versorgt, teilten wir uns auf: Marnie und Alex halfen Regina beim Schnippeln, Nadja und ich machten uns auf zu Björn in die „Wurstküche“. Dort wurden gerade „Pfefferbeisser“ produziert. Nadja hatte die Ehre verknotete Därme zu entwirren (hört sich, wenn man es schreibt, irgendwie doch schlimmer an als es ist) und ich begann mit Björn die Masse in die Wurstmaschine einzufüllen, die entknoteten Därme auf den Trichter zu ziehen und diese dann mit der Wurstmasse zu befüllen. Der erste große Schritt auf meiner neuen Karrierleiter. Zusätzlich zum Elch waren nämlich auch 4 Schweinehälften und ein Lamm zu verarbeiten. Und damit verbrachten wir nun den Nachmittag. Als Regina irgendwann kam und fragte ob wir bald bereit zum Essen seien und Nadja antwortete „Ja, wir haben nur noch einen Darm“ klang das nur in Reginas Ohren komisch. Wir restlichen drei waren nun mal voll in unserem Wurst-Slang.

Am Dienstag morgen stand die erste aufregende Trainingsfahrt statt. Marnie nahm bei Felix auf dem Wagen Platz und Nadja bei Gianni. Und ab ging die Post. Alex und ich stiegen derzeit ins Auto und brachten Marie, deren Praktikum nun nach 4 Wochen ihr Ende fand, zum Flughafen und klapperten noch verschiedenste Einkaufsorte ab.

Als wir wieder auf der Farm ankamen waren Marnie und Nadja hellauf begeistert von ihrer Trainingsrunde. Und das freute mich aus ganzem Herzen.

Nachmittags sollte dann natürlich auch Alex auf ihre Kosten kommen und wir fuhren bei den zwei späteren Gespannen mit. Die Sonne strahlte vom Himmel und Alex auf ihrem Sitz. Zusammenfassend kann man also sagen – ich glaube es hat ihnen hier gefallen.

Am Mittwochmorgen, zu ziemlich früher Stunde, stand dann leider allerdings schon wieder der Heimflug für die Drei an. Es war ein wenig komisch, sie nun gehen zu lassen und zu wissen dass ich sie jetzt ziemlich lange nicht mehr sehen würde, aber ich war zum Glück um 6 Uhr morgens zu müde um richtig doll traurig zu werden.

Danke Mädels, dass ihr hier wart und dass ihr euch hier vor allem so engagiert habt, das war toll zu sehen.

Während Björn und ich am Mittwoch, Donnerstag und Freitag weiterhin voll in der Wurstproduktion steckten – von „Frühstücksfleisch“, das nach Fertigstellung in 120 Gläser gefüllt werden musste, bis zur „Leberwurst“ die ein ähnliches Schicksal ereilte – stand Regina quasi den ganzen Tag in der Küche und kochte Tourenessen vor. Das Kühlhaus füllte und füllte sich. Hier ist es nämlich so, dass auf den Schlittentouren nicht einfach irgendein Tütenessen serviert wird, sondern alle Gäste – und Björn – den Luxus genießen dürfen und entweder frisch gekochtes Essen bekommen, wenn die Hütte auf Tour eine entsprechend ausgestattete Küche bietet, oder vorgekochtes Essen von Regina. Das muss man sich mal vor Augen halten, was hier für eine Masse nur für die Schlittensaison produziert wird: Björn fährt ca. 10 unterschiedliche lange Touren (zwischen 5 und 15 Tagen) in der Saison, mit jeweils 5-6 Gästen, die jeden Abend auf der Tour eine warme Mahlzeit erhalten. Und, hier auf der Farm natürlich auch noch verpflegt werden, nach der An- und vor der Abreise. Das heißt diese ganzen Massen, und es sind wirklich Massen, an vorgekochtem Essen, Leberwurst, Streichwurst, Frühstücksfleisch, Hack, Gluasch, werden meist in einer Saison verbraucht. Zu sehen wie sich das Kühlhaus füllt und was man alles so schafft, ist aber auch ein ziemlich gutes Gefühl. Am Freitag nachmittag stand dann für die Jungs noch Hundefutter machen auf dem Plan. Da Björn und ich nachmittags noch in der Wurstküche beschäftigt waren, stieß ich erst abends nach dem Füttern zu den Jungs und fragte, ob sie noch meine Hilfe benötigen würden. Sie waren sich erst nicht ganz sicher, aber doch, „joa, ein wenig schneiden“ könnte ich schon helfen. Bei „schneiden“ horchte ich eigentlich schon auf, denn das war mir im Zusammenhang mit Hundefutter machen eigentlich nicht bekannt. Normalerweise kommen die 4 Tonnen Schlachtabfall (da ist es wieder, das schöne Wort) hier gewolft an, werden mit weiteren Bestandteilen zu einer Masse verarbeitet und dann eingefroren (hört sich eigentlich ziemlich ähnlich zur Wurstproduktion an, was?). Da es bei der letzten Lieferung aufgrund von warmen Temperaturen aber zu einem nicht so schönen Geruch kam, waren diesmal ganze Rinder-Mägen zu zwei riesigen Eisblöcken zusammen gefroren, die nun in den Gitterboxen im Schlachtabfall für Kühlung sorgen sollten. Taten sie. Waren aber sch***** zum Kleinschneiden. Aufgrund ihres witziges Aussehens wurden sie von den Jungs zwischenzeitlich als „Badekappen für umme“ angeboten und recht schnell sprachen wir eigentlich nur noch von „Mützen“ statt von Mägen.

Diese beiden Eisblöcke waren allerdings noch nicht genug. Leider versteckten sich in den 4 Gitterboxen zusätzlich auch noch ca.70 oder 80 ganze Rindernieren. Eine Google-Bilder-Suche würde sich an dieser Stelle sicherlich lohnen. Und diese mussten auch noch klein geschnitten werden. Und das tat ich dann. 5 Stunden am Stück. Die Jungs mischten weiterhin das Futter und halfen die Eisblöcke zu zerkleinern und ebenfalls klein zu schneiden. Um viertel vor 2 waren wir dann soweit fertig, ich verabschiedete mich ins Bett und Felix und Gianni übernahmen den letzten Teil der Reinigung, der Hundefutterraum sieht natürlich nach dieser Aktion immer aus, als wäre etwas explodiert, was viel Blut und Gedärme in sich hatte. Daniel machte den selben Fehler wie Felix vor 5 Jahren und trug die Gummistiefel ohne Profil. Ja, ich konnte genauso darüber lachen wir vor 5 Jahren.

Nachdem ich am Samstag Regina dann noch etwas in der Küche half und wir abends alle zusammen einen sehr schönen „italienischen Abend“ hatten, genossen wir am Sonntag alle ein wenig die Ruhe. Natürlich wurde trotzdem Zeit mit den Welpen verbracht, diesmal oben im offenen Gelände – mit traumhafter Sonne und ein wenig Schnee.

Das Training ist weiterhin im vollen Gange, die Trainingsstrecke beträgt mittlerweile 17 km (viel weiter kann man mit dem Wagen jetzt eigentlich auch nicht mehr fahren) und wir warten alle auf den Schnee. Das Eis ist jedoch schon da, wie ich heute feststellen musste. Madita (Hunde-Madita) entwischte mir nach dem Füttern aus dem Zwinger und ich (Menschen-Madita) rannte in Windeseile hinterher, denn mir fiel sofort ein dass die Hündin Nele gerade draußen frei rumlief und dass ein Aufeinandertreffen nicht gut ausgehen könnte. Kurz vorm Hundefutteraum kam ich bis auf wenige Zentimeter an Madita heran und erspähte aber auch direkt Nele – in dem Moment zog es mir den Boden unter beiden Füßen gleichzeitig weg, ich war auf dem spiegelglatten Eis vor dem Hundfutterraum ausgerutscht, aber mit Voll-Karacho. Im Fallen packte ich mit links Madita und hielt mit rechts Nele auf Abstand und schon da konnte ich nicht mehr. Daniel hatte meinen Stunt aus der oberen Perspektive gesehen und konnte sich auch kaum mehr halten und nahm mir den Hund ab, damit ich aufstehen konnte. Was sich nicht als sonderlich einfach gestaltete, weil ich a) natürlich immer noch auf Eis saß und b) mich nicht mehr einkriegte. Felix musste mir also hoch helfen. Daniel sagte danach, ich sei eh schon verwunderlich schnell gewesen (hallo?!) und hätte dann Madita auf dem letzten Meter ja quasi noch überholt. Eine unfassbar witzige Situation, über die ich morgen sicherlich noch einmal genauso doll lachen kann. Das Schöne ist auch, alle haben es gesehen, wir können also gemeinsam lachen.

Das musste ich auch heute feststellen, wenn andere Leute stolpern oder ausrutschen ist das ja schon immer wirklich lustig, aber wenn es einem selber passiert kann man einfach so lange lachen wie man will. Herrlich. Also, wie ihr lest steht hier der Spaß weiterhin im Vordergrund, alle sind höchst motiviert und nun brauchen wir nur noch Schnee – der Schneetanz, den wir mit Waldorfschülerin Marie eingeübt haben, hat nicht geholfen.

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